Der digitale BOS-Objektfunk (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) ist ein entscheidendes Kommunikationssystem in Deutschland, das Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und weitere Sicherheitskräfte miteinander vernetzt. Ein gut funktionierendes BOS-Objektfunksystem gewährleistet eine schnelle und effektive Kommunikation und kann im Ernstfall Leben retten. Für Elektroplaner, die Objektfunksysteme entwerfen und installieren, ist das Verständnis von BOS-Objektfunk, dessen Geschichte, Frequenzen, technischen Anforderungen und behördlichen Vorschriften unverzichtbar.
Deshalb haben Florian und Marvin vorletzte Woche das Seminar „Digitaler Elektrofunk: Planung, Beantragung, Realisierung von digitalen Objektfunkanlagen“ in Hösbach besucht.
Dabei haben sie folgende Inhalte erlernt:
Grundsätzliche Anforderungen an Objektfunksysteme
IST-Soll Vorgaben seitens Behörden
Technische Konzepte digitaler Objektfunksysteme
Arbeitsschritte in der Entwurfsplanungsphase einer Objektfunkanlage
Funknetzplanung im Objektfunk
Praktische Hinweise zur Ausschreibung digitaler Objektfunksysteme
Geschichte des BOS-Objektfunks
Die Anfänge des BOS-Funksystems gehen auf die 1950er Jahre zurück, als Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg eine zuverlässige Kommunikationsinfrastruktur für Sicherheitskräfte aufbauen wollte. Zu Beginn wurden analoge Funkgeräte genutzt, die jedoch mit Herausforderungen wie eingeschränkter Reichweite und schlechter Sprachqualität zu kämpfen hatten. Ab den 1990er Jahren begann man in Deutschland mit der Entwicklung des digitalen BOS-Funksystems (TETRA: Terrestrial Trunked Radio). Dieser Standard gewährleistet eine verschlüsselte, störungsfreie Kommunikation und bietet Funktionen wie Gruppenrufe und Datenübertragung. Das digitale BOS-Objektfunksystem wurde Anfang der 2000er Jahre landesweit implementiert und ist heute das Herzstück des Sicherheitsfunks in Deutschland.
BOS-Objektfunk-Frequenzen und ihre Bedeutung
Der BOS-Funk arbeitet im Frequenzbereich von etwa 380 bis 400 MHz. Dieser Bereich wurde speziell für Sicherheitsorganisationen reserviert und ist nicht für kommerzielle Zwecke zugänglich. Die Frequenzen sind in Deutschland streng geregelt und werden vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) überwacht. Für den reibungslosen Betrieb des BOS-Objektfunks ist eine ausreichende Signalstärke im gesamten Einsatzgebiet erforderlich, was besonders in Gebäuden mit mehreren Untergeschossen, starken Betonwänden oder metallischen Strukturen problematisch sein kann. Hier kommen spezielle Objektfunksysteme ins Spiel, die die Signalstärke in Innenräumen verbessern und die Kommunikation auch unter schwierigen Bedingungen ermöglichen.
Wichtige Anforderungen für Elektroplaner
Für Elektroplaner gibt es bei der Planung und Installation eines BOS-Objektfunksystems verschiedene Faktoren zu berücksichtigen:
Signalabdeckung: In öffentlichen Gebäuden wie u.a. Krankenhäusern, Hochhäusern oder Einkaufszentren muss sichergestellt sein, dass Sicherheitskräfte auch in abgeschirmten Bereichen (z. B. Kellern oder Tiefgaragen) ein starkes Funksignal empfangen können. Das erfordert oftmals zusätzliche Antennen und Signalverstärker.
Störsicherheit: Die Systeme müssen so ausgelegt sein, dass sie nicht von anderen Funksystemen (z. B. Mobilfunk) gestört werden. Eine saubere Trennung und Schirmung der Systeme ist unerlässlich.
Ausfallsicherheit: digitale BOS-Funksysteme müssen auch im Falle eines Stromausfalls funktionieren. Elektroplaner müssen daher eine redundante Stromversorgung (z. B. durch Notstrombatterien) integrieren.
Normkonformität: Der Einbau eines BOS-Objektfunksystems unterliegt spezifischen Normen und Vorschriften. Eine genaue Planung unter Beachtung dieser Normen ist unerlässlich, um spätere Komplikationen mit den Behörden zu vermeiden.
Gesetzliche Vorschriften und behördliche Anforderungen
Die Installation von BOS-Objektfunksystemen ist durch rechtliche Vorgaben geregelt, darunter die DIN 14024-1 Hauptnorm für den Aufbau und Betrieb von digitalen BOS-Objektfunkanlagen, die EN 50136-1 für Sicherheitseinrichtungen und die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie MLAR.
Weitere behördliche Anforderungen umfassen:
Genehmigungspflicht: Vor der Inbetriebnahme eines BOS-Funksystems müssen Elektroplaner die Freigabe durch die zuständigen Behörden einholen. In der Regel ist das die zuständige Polizei- oder Feuerwehrbehörde.
Regelmäßige Wartung und Prüfung: BOS-Funksysteme müssen in regelmäßigen Abständen geprüft und gewartet werden, um ihre Funktionstüchtigkeit sicherzustellen. Dies beinhaltet auch die jährliche Überprüfung der Notstromversorgung und die Signalabdeckung.
Dokumentationspflicht: Elektroplaner müssen alle Schritte der Planung, Installation und Wartung dokumentieren. Diese Dokumentationen sind wichtig, um gegenüber den Behörden die Funktionsfähigkeit des Systems nachzuweisen.
9 Phasen für BOS-Objektfunkanlagen
Gemäß DIN 14024-1 gibt es neun Phasen für den Aufbau und Betrieb von digitalen BOS-Objektfunkanlagen.
Die neun Phasen sind wie folgt definiert:
Konzeptionierung: Definition der Anforderungen, Übernahme der Schutzziele unter Berücksichtigung der Anforderungen, Beginn Anzeigeverfahren
Planung: Notwendige Feldmessungen, Planungen und Berechnungen werden erstellt, Schnittstellen Definition
Projektierung: Bemusterung der Komponenten, Erstellung einer Werks- und Montageplanung, Fortführung des Anzeigeverfahrens
Montage: Montage und Installation der digitalen BOS-Objektfunkanlage
Inbetriebsetzung: Inbetriebsetzung inkl. Prüfung und Messung der Anlage, Einweisung des Nutzers
Überprüfung: 1:1 Test der Anlagenkomponenten, Abgleich Planung mit Umsetzung
Abnahme: Abnahme durch Sachverständigen und Nutzer (Branddirektion)
Betrieb: Betrieb inkl. Maßnahmen im Fall einer Störung oder Änderung
Instandhaltung: Instandhaltung inkl. Anforderungen an den Betreiber und dessen Pflichten, Anforderungen an die beauftragte Fachfirma für Inspektionen und Wartungen
Anforderungen an das digitale Objektfunksystem
Ein digitales BOS-Objektfunksystem erfordert eine gezielte Planung, um eine optimale Signalabdeckung zu gewährleisten. Elektroplaner müssen sicherstellen, dass die Funksignale in allen Objektteilen verfügbar sind. Einige wichtige Anforderungen sind:
Signalverstärker und Repeater: Um eine flächendeckende Funkabdeckung zu gewährleisten, sind häufig Signalverstärker oder Repeater erforderlich, die das Signal in unterversorgte Bereiche leiten.
Antennennetzwerk: Eine geeignete Antennenstruktur ist entscheidend, um das Funksignal in verschiedenen Objektbereichen zu verteilen. Häufig werden Rundstrahl- oder Richtantennen verwendet.
Abschirmung und Entkopplung: Die Entkopplung vom öffentlichen Mobilfunknetz ist oft notwendig, um die Störsicherheit des BOS-Funksystems zu gewährleisten. Besonders bei Hochfrequenzstörungen und in Gebäuden mit vielen Metallstrukturen ist eine Abschirmung wichtig.
Einsatz von Materialien: Materialien wie Dämmstoffe und Metallkonstruktionen können die Funkübertragung stark beeinträchtigen. Elektroplaner sollten Materialien wählen, die den Funkverkehr möglichst wenig stören oder zusätzliche bauliche Maßnahmen einplanen.
Fazit
Die Planung und Installation eines BOS-Funksystems ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die ein fundiertes Wissen über Frequenzbereiche, Sicherheitsvorschriften und technische Anforderungen erfordert. Für Elektroplaner ist es wichtig, alle behördlichen Vorgaben einzuhalten und das Funksystem so zu gestalten, dass eine zuverlässige Kommunikation für Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr jederzeit gewährleistet ist. Ein gut geplantes BOS-Funksystem kann im Ernstfall entscheidend sein und trägt wesentlich zur öffentlichen Sicherheit bei.
Das Völkerschlachtdenkmal erhält eine BOS-Objektfunkanlage:
Aktuell sind wir damit beauftragt, eine BOS-Objektfunkanlage für das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig zu planen. Über die weiteren Planungsschritte und die Umsetzung der Anlage werden wir euch auf unseren Kanälen auf dem Laufenden halten.
Warum sind Schulungen wichtig für uns?
Zunächst wollen wir allen Mitarbeiter:innen die Möglichkeit geben sich individuell weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch der Besuch von Weiterbildungen. Diese ermöglichen wir als Unternehmen gerne, um vom erlangten Wissen zu profitieren und die AdaptING GmbH stetig zu verbessern. Somit lohnt sich das Investment in Bildung für die/den Einzelne:n für uns alle.
Außerdem wollen wir unsere Prozesse in Projekten stetig verbessern. Durch das vertiefte Wissen, welches Marvin und Florian bei der Weiterbildung erlangt haben, ist es für uns möglich eine bessere Planung zu realisieren, die dann auch umsetzbar ist.
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