Gewitter und Blitze sind in Deutschland keine Seltenheit, wodurch Blitzschutzanlagen gar nicht so sinnlos erscheinen. Aber für welche Gebäude sind Ableitungseinrichtungen nötig und wie sind diese überhaupt aufgebaut? Diese und weitere Fragen klären wir in diesem Blogbeitrag.
Woraus bestehen Blitzschutzanlagen?
Blitzschutzanlagen bestehen aus zwei wesentlichen Komponenten, nämlich den Blitzschutzbauteilen und der Erdungsanlage.
Zu den Blitzschutzbauteilen zählen folgende:
Fangeinrichtung
Ableitungseinrichtung
Blitzschutz-Potentialausgleich
Die Fang- und Ableitungseinrichtungen sind gemeinsam mit der Erdungsanlage in die Kategorie des äußeren Blitzschutzes einzuordnen, wohingegen der Blitzschutz-Potentialausgleich zur inneren Sicherheit beiträgt.
Gebäude werden vor direkten Blitzeinschlägen geschützt, in dem die Auswirkungen eines Einschlags durch die richtig dimensionierte Fangeinrichtung kontrolliert verringert werden.
Die Fangeinrichtung besteht aus mehreren Komponenten:
Stangen
gespannte Seile
vermaschte Leiter
Die Anordnung und Lage dieser Komponenten kann durch drei verschiedene Verfahren bestimmt werden:
Blitzkugelverfahren o universelle Planungsmethode o empfiehlt sich vor allem für geometrisch komplizierte Fälle
Maschenverfahren o Schutz von ebenen Flächen o definiert ein Netz von Fangleitungen
Schutzwinkelverfahren o definiert geschützte Räume unter errechnetem Winkel o Winkel ist abhängig von der Höhe der Fangeinrichtungen
Lagetechnisch gesehen ist besonderer Schutz für die Ecken und Kanten auf den Dachflächen und oberen Fassadenteilen eines Gebäudes zu gewährleisten.
Welche Aufgabe hat die Erdungsanlage?
Die Erdungsanlage leitet den, von der Fangeinrichtung abgefangenen Blitz weiter ins Erdreich, wo dieser sich einige Meter unter der Erde elektrisch entladen kann.
Für einen reibungslosen Ablauf des Prozesses bestehen drei Anforderung an eine Erdungsanlage:
Blitzschutz o sichere Übernahme des Blitzes von den Ableitungseinrichtungen
Schutz vor elektrischem Schlag o verbindet elektrische Einrichtung sicher mit dem Erdreich o sorgt im Notfall (elektrischer Fehler) für die Sicherheit von Personen und Systemen
Funktions-Erdung o gewährleistet sicheren und möglichst störungsfreien Betrieb von elektrischen und elektronischen Einrichtungen
Dabei kann die Erdungsanlage sowohl stern- oder maschenförmig als auch zentral aufgebaut sein. Die Art des Aufbaus hängt von den Erdungsanforderungen der jeweiligen elektronischen Einrichtung sowie der elektromagnetischen Umgebung ab.
Wenn eine größere bauliche Anlage vorliegt, wenn z.B. mehrere Gebäude mit Verbindungsleitern verbunden sind, müssen auch die einzelnen Erdungsanlagen miteinander verbunden werden.
Dieser Potentialausgleich ist wichtig, weil:
der Gesamterdungswiderstand verringert wird
die Potentialdifferenz sinkt
Das führt dazu, dass die Beanspruchung der Verbindungsleitungen durch mögliche Ausgleichsströme im Fehlerfall geringer wird. Dadurch kann noch mehr Sicherheit gewährleistet werden.
Je engmaschiger das Erdungsnetz durch die Knotenpunkte der Ableitungen wird, desto geringer ist die Potentialdifferenz bei Blitzeinschlägen, wodurch Blitze sicherer ins Erdreich geleitet werden können. Technisch-wirtschaftlich haben sich Maschenweiten in einer Größe zwischen 10 m x 20 m bis 20 m x 40 m bewährt. Dabei sollte beachtet werden, dass das Erdungsnetz bei bevorzugten Blitzeinschlagsstellen (z.B. hohe Abluftkamine) enger und möglichst sternförmig mit ringförmigen Querverbindungen angelegt werden soll.
Sind Blitzschutzanlagen verpflichtend?
Im Allgemeinen ist Blitzschutz für private Wohnhäuser nicht verpflichtend, allerdings gibt es Ausnahmen, wenn ein erhöhtes Risiko für Blitzeinschläge besteht, was unter anderem bei folgenden Gebäuden der Fall ist:
Häuser, die höher als 20 Meter sind
Fachwerkhäuser mit Stroh- und Holzdächern
öffentliche Gebäudekomplexe
kultur- und denkmalgeschützte Anlagen
Gebäude mit erhöhter Explosions- und Brandgefahr
Türme und hohe Schornsteine
Zur Festlegung verschiedener Gefährdungsstufen und der Notwendigkeit von regelmäßigen Wartungen wurden vier verschiedene Blitzschutzklassen bestimmt:
Klasse I o u.a. Kernkraftwerke, militärische Anlagen, Rechenzentren o einfache Sichtprüfung einmal jährlich o Wartung bei Risikogebäude bis zu zweimal jährlich
Klasse II o Industrie- und Chemieanlagen mit Explosionsgefahr o einfache Sichtprüfung einmal jährlich o Wartung bei Risikogebäude bis zu zweimal jährlich
Klasse III o u.a. Schulen, Krankenhäuser, Kirchen, Museen, Photovoltaikanlagen o einfache Sichtprüfung alle zwei Jahre
Klasse IV o u.a. Verwaltungsgebäude, Kaufhäuser, Wohnkomplexe mit bis zu 20 Einheiten o einfache Sichtprüfung alle zwei Jahre
Für private Wohnhäuser, die kein erhöhtes Risiko für Blitzeinschläge aufweisen, aber eine Blitzableitungsanlage besitzen, wird eine Sichtprüfung alle vier bis fünf Jahre empfohlen.
Bei den erwähnten Sichtprüfungen wird folgendes auf seine Leistungsfähigkeit überprüft:
Leiter und Bauteile
Erdungswiderstand der Erdungsanlage
Überspannungsschutzgeräte
Außerdem wird der elektrische Durchgang gemessen.
Was bezeichnen der Trennungsabstand und der elektrische Überschlag?
Bei einem Blitzeinschlag kann es zu Funken in der baulichen Anlage kommen, wodurch eine Brandgefahr entsteht.
Die Potentialdifferenz zwischen den blitzdurchflossenen Leitungen des äußeren Blitzschutzes und der elektrischen oder metallenen Einrichtung innerhalb der Anlage muss größer als die elektrische Festigkeit der entsprechenden Strecken sein.
Der Trennungsabstand verhindert den elektrischen Überschlag, wodurch die Brandgefahr abgewendet wird.
Er ist abhängig von verschiedenen Faktoren:
Isolationsvermögen des Materials zwischen den äußeren Blitzschutzleitungen und der elektrischen bzw. metallenen Gebäudeeinrichtung
Anteil des Blitzstroms innerhalb der Leitung o je höher die Stromaufteilung, desto kleiner ist der Trennungsabstand
Größe der Induktionsschleife o je länger die Schleife, desto größer der Trennungsabstand
Anforderungen an das Blitzschutzsystem anhand der Schutzklasse o je höher die Anforderung, desto größer der Trennungsabstand
Der Trennungsabstand kann mit dieser Formel bestimmt werden:
Gibt es Normen für Blitzschutzanlagen?
In Deutschland sind die Normen für Blitzschutzanlagen unter der Reihe DIN EN 62305 (VDE 0185-305) festgeschrieben, welche sich in vier Unterkategorien aufteilen lässt:
Teil 1: Allgemeine Grundsätze
Teil 2: Risiko-Management
Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen
Teil 4: Elektrische und elektronische Systeme in baulichen Anlagen
Die Normenreihe beschreibt das Gesamtkonzept des Blitzschutzes, was ebenfalls in vier Komponenten zusammengefasst werden kann:
Gefährdungen o Strom und Magnetfeld des Blitzes, direkte/indirekte Blitzeinschläge
Schadensursachen o Schritt- und Berührungsspannungen, Feuer, Explosionen, Überspannungen, gefährliche Funkenbildung
zu schützende Objekte o Gebäude, Personen, elektrische/elektronische Anlagen
Schutzmaßnahmen o Ableitungen, Fangeinrichtungen, Erdungsanlagen, Leitungsführung und -schirmung, Potentialausgleichsmaßnahmen
Fazit
Für größere Bauprojekte ist es wichtig, sich mit den Normen und Pflichten bei Blitzschutzanlagen auseinanderzusetzen, was du jetzt durch den Artikel vielleicht gelernt hast. Meistens brauchst du also für einen Eigenbau keinen Blitzableiter, aber vielleicht hast du durch das Gelesene noch etwas dazulernen können und weißt jetzt besser über das Thema Bescheid!
Wenn du gerade über eine Blitzschutzanlage nachdenkst, dann helfen wir dir gerne weiter.
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